Leseprobe – Bob und Ben – Die fliegenden Abenteurer


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EINS

Voller Ungeduld drängten sich die Besucher auf der Aussichtsplattform.

Sie allen waren extra in diese Einöde im Nordosten Arizonas angereist, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen. Vor ihnen erstreckte sich die atemberaubende Kulisse des Grand Canyon, dessen Klippen mehrere hundert Meter tief vor ihnen abfielen. Die Schichten des roten Gesteins leuchteten im hellen Sonnenlicht in den unterschiedlichsten Tönungen.

Wer es von den Angereisten wagte, nahe an das Geländer der Plattform heranzutreten, konnte tief unter sich den gewundenen Lauf des Colorado Rivers verfolgen, der sich in den Jahrmillionen in den Canyon eingegraben hatte.

Vereinzelt bedeckten Wolken den tiefblauen Himmel. Das Wetter war wie geschaffen für das Ereignis, für das die zahlreichen Gäste angereist waren. »Joe’s Grand Canyon Hotel« feierte an diesem Tag seine Eröffnung: ein ultramoderner Flachbau, dessen Aussichtsterrasse weit über den Rand des Canyons hinaus errichtet worden war und seinen Gästen einen spektakulären Ausblick bot.

Es hatte den Besitzer einiges an Geld und Beziehungen gekostet, um die Touristenanlage von den örtlichen Behörden genehmigen zu lassen. Und er hatte vor, seinen Einstand mit einer Werbesensation zu feiern: mit einer Luftakrobatik-Show der »Blue Devils«, den gewagtesten fliegenden Abenteurern, die die USA jemals gesehen hatten!

»Achtung, Achtung!«, übertönte die Stimme aus einem Lautsprecher das Gemurmel der wartenden Gäste. »In wenigen Augenblicken beginnt die Show der ›Blue Devils‹! Allein der Start auf der provisorischen Piste wird eine fliegerische Meisterleistung sein! Ein einziger Fehler – und …«

Der Mann, der sich gegen das schräg gestellte Fenster lehnte, hörte der vollmundigen Ankündigung nur mit halbem Ohr zu. Innerlich konzentrierte er sich auf den bevorstehenden Auftritt und ging im Geiste die Flugmanöver durch.

»Schließ das Fenster, Ben! Wir müssen uns konzentrieren«, unterbrach eine tiefe Stimme seine Gedanken. Der untersetzte Mann mit dem Bürstenhaarschnitt drehte sich um und drückte das Kippfenster zu.

Er sah seinem Kollegen zu, wie dieser sich eine Pfeife ansteckte, während er sich in seiner blauen Fliegerkombination in einen der grau gepolsterten Sessel zurücklehnte. Doch dieser Mann war nicht nur sein Kollege, ging es Ben Durkin durch den Kopf.

Bob Hart und er waren seit Jahren unzertrennliche Freunde. Sie hatten sich als Jagdflieger während des Koreakrieges kennengelernt und in zahlreichen gefährlichen Einsätzen gezeigt, dass sie sich blind aufeinander verlassen konnten. Nachdem sie ihre Zeit beim Militär beendet hatten, beschlossen sie, zusammenzubleiben und ihre Leidenschaft für die Fliegerei zu verfolgen.

Sie kauften sich von ihren Ersparnissen eine alte Spitfire, eines der zuverlässigsten Jagdflugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, ließen sie umbauen und für ihre Zwecke ausrüsten. Binnen weniger Jahre machten die beiden Männer als Flieger-Asse für alle außergewöhnlichen Gelegenheiten von sich reden und wurden schnell zu den gesuchtesten Sensationspiloten in den Staaten.

Bob Hart setzte sich in seinem Sessel auf und zog an seiner Pfeife.

»Wir wollen noch einmal unser Programm durchgehen!«, forderte er Ben Durkin auf. Dieser legte den Kopf zur Seite und setzte ein schiefes Grinsen auf.

»Gut, wenn du meinst. Aber wir haben es ja mehrmals geprobt. Es kann bei der Aufführung nichts schiefgehen.«

Bob sah seinen Freund eindringlich an.

»Ich möchte wetten, dass die meisten der sensationshungrigen Gäste hier gerade darauf warten! Du weißt ja … die berühmte Gänsehaut.«

Ben winkte ab und zog seine Fliegerjacke zurecht.

»Keine Angst. Bei unserem Programm kommen auch diese liebenswerten Zeitgenossen auf ihre Kosten. Ich weiß doch, was wir unserem Publikum schuldig sind …«

Ein Klopfen unterbrach ihre Unterhaltung, dann schwang die Tür nach innen auf. Ein korpulenter Mann in einem gestreiften Anzug stand im Türrahmen. Seine Zigarette wippte nervös im Mundwinkel.

»Wo bleibt ihr denn?«, fragte er. »Die Spannung hat ihren Höhepunkt erreicht. Noch länger kann ich meine Gäste nicht hinhalten!«

Bob erhob sich aus seinem Sessel und löschte in aller Ruhe seine Pfeife. Ben bewunderte seinen Freund insgeheim für diese Gelassenheit und grinste in sich hinein, während er die zunehmende Nervosität des Direktors verfolgte.

»Wir sind bereit, Boss«, meinte Bob Hart schließlich und nickte Ben zu. Sie durchquerten die klimatisierte Hotellobby, die wie ausgestorben wirkte. Bis auf zwei Angestellte hinter der Rezeption begegnete ihnen niemand. Das änderte sich schlagartig, als sich die großen Eingangstüren aus Glas vor ihnen öffneten.

Mehrere Dutzend Gäste erwarteten bereits ungeduldig ihr Eintreffen und richteten ihre Blicke auf die Flieger. Binnen weniger Augenblicke hatte sich eine Menschentraube um die beiden Piloten gebildet.

»Ein Autogramm, bitte!« – »Ja, für mich auch!« – »Ein Autogramm!«, riefen sie wild durcheinander. Der Hoteldirektor, dem der Schweiß auf der Stirn stand, breitete seine Arme aus und drängte die Leute mit seiner massigen Gestalt zurück.

»Zurück!«, forderte er die Anwesenden auf. »Bitte, halten Sie sich zurück!« Es dauerte ein paar Minuten, bis sich die Erregung unter den Gästen legte und sich vor den Piloten ein Spalier bildete.

Bob Hart setzte sich wie sein Kollege die Pilotenmütze auf und lächelte den Gästen freundlich zu.

»Wir stehen Ihnen selbstverständlich nach dem Flug zur Verfügung«, erklärte er den dicht gedrängt stehenden Menschen.

Eine dunkelhaarige Frau in einem pelzbesetzten Kostüm rückte sich ihre Sonnenbrille zurecht und meinte spitz: »Hoffentlich sind Sie dann noch dazu in der Lage!«

Bob schenkte ihr ein Lächeln, aus dem die Erfahrung und die Selbstsicherheit einer langen Pilotenlaufbahn sprachen. Ben und er schüttelten ein paar Hände, die sich ihnen entgegenstreckten, und erreichten endlich die provisorisch errichtete Piste. Sie war auf beiden Seiten mit kleinen Flaggen abgesteckt, die im Wind leicht wehten.

Direkt vor ihnen erhob sich leuchtend im Sonnenlicht das dritte Mitglied ihres Teams: die feuerrot lackierte Spitfire Mk.22. Embleme auf beiden Enden der Tragflächen zeigten in stilisierter Form einen Teufelskopf auf gelbem Hintergrund. Die Nase mit den breiten Propellerblättern reckte sich vorwitzig in den Himmel.

Ein Hotelangestellter stand neben dem Flugzeug und hielt eine kleine Trittleiter fest. Zuerst betrat Bob Hart die Stufen und kletterte über die linke Tragfläche auf den vorderen Pilotensitz. Direkt hinter ihm folgte Ben Durkin, der sich noch einmal zur Menge umdrehte und ihr mit ausgestrecktem Arm zuwinkte, bevor er sich hinter Bob in das enge Cockpit schob.

Das war eine der Besonderheiten der Spitfire, der sie den Kosenamen »Donald« gegeben hatten. Das Jagdflugzeug war eigentlich nur für einen Piloten vorgesehen, doch sie hatten das Cockpit entsprechend umbauen und erweitern lassen, um die Maschine für ihre Flugshows optimal nutzen zu können.

Bob wartete, bis Ben sich angeschnallt hatte, und schob dann das Plexiglasdach der Kanzel nach vorne. Er arretierte es mit einem Riegel über seinem Kopf. Bob warf einen kurzen Blick nach hinten. Ben zeigte ihm mit dem Daumen nach oben an, dass bei ihm alles klar sei.

»Dann mal los!«, sagte Bob zu sich und betätigte die Zündung. Der Zwölfzylinder-Viertaktmotor des Flugzeugs sprang sofort an. Die Auslassventile am Motorblock vibrierten. Ein Röhren erfüllte die Luft, und nur Augenblicke später holperte die Maschine über die improvisierte Piste. Staub wirbelte in einer lang gezogenen Wolke auf.

Die beiden Piloten waren aus ihrer Zeit im Koreakrieg deutlich schlechtere Bedingungen gewohnt, dennoch fluchte Ben unterdrückt, als ihn ein Stoß im Sitz umherwarf.

Atemlos verfolgten die Zuschauer entlang der Piste, wie die Spitfire rasch schneller werdend auf den Abgrund zuraste. Die Klippe kam immer näher, ohne dass das Flugzeug Anstalten machte, abzuheben. Erst im letzten Augenblick richtete sich die Nase nach oben, und die Maschine hob vom Boden ab. Ein befreiter Aufschrei ging durch die Menge.

Bob zog den Steuerknüppel zu sich heran, um ausreichend an Höhe zu gewinnen. Er drehte die Maschine leicht zur Seite und hatte nun einen freien Blick auf das Hotelgelände und die Zuschauer, die den Flug gebannt verfolgten.

»So!«, rief er Ben zu. »Jetzt einen Sturzflug, um die Sache eindrucksvoller zu machen!«

Er ließ die Spitfire zur Seite kippen, bis sie beinahe auf dem Rücken flog, und drückte den Steuerhebel vor. Umgehend reagierte das Flugzeug. In einer gewagten Kurve stieß es abwärts. Ein lautes Heulen erfüllte die Luft. Das Flugzeug jagte tief in den Canyon hinein. Je tiefer sie kamen, desto dunkler erschienen die steil aufragenden Felswände rechts und links vor ihnen.

Die Spitfire stieß nun nahezu senkrecht herab. Fast hatte es den Anschein, als würde sie rettungslos in das klare Wasser stürzen. Doch wenige Meter über dem Colorado River riss Bob die Maschine wieder hoch und ließ sie senkrecht in die Höhe steigen. Der Motor protestierte unter der Belastung. Der erfahrene Pilot wusste allerdings genau, was er seiner Maschine zumuten konnte.

Er stieß über den Rand des Canyons vor und vollführte einige gewagte Flugmanöver. Mit einer Barrel-Rolle ließ er das Flugzeug wiederholt um die eigene Längsachse kreiseln, beschrieb dann eine halbe Rolle und flog in einer engen Kurve zurück in Richtung des Hotels.

Bob drehte sich zu seinem Freund um.

»Es ist so weit, Ben«, sagte er, »übernimm du das Steuer!«

»Okay!«, bestätigte dieser durch den Motorenlärm. »Ich wünsch‘ dir Hals- und Beinbruch!« Er schloss seine Hände fest um die Steuerhörner.

Bob löste seinen Sicherheitsgurt und verstaute die Pilotenmütze in einer Tasche am Sitz. Konzentriert betätigte er den Riegel an der Plexiglaskuppel und ließ sie zurückrollen. Der Fahrtwind zerrte an seinem Körper, und Ben legte die Maschine so in den Wind, dass die Belastung für seinen Freund nachließ.

Bob richtete sich in seinem Sitz auf und blickte nun durch die geöffnete Kanzel nach unten. Er konnte die Menschen sehen, die sich entlang des Geländers auf der Aussichtsplattform drängten, um nichts von der Show zu verpassen.

Ben drosselte das Gas und hielt auf einen Fahnenmast zu, der gut zehn Meter unterhalb der Plattform in den Fels getrieben worden war und über den Canyon ragte. Am äußeren Ende wehte die Flagge mit dem Teufelskopf der »Blue Devils«. Die Maschine flog nun so langsam, dass jeder der Gäste das folgende Manöver genau beobachten konnte.

Bob stieg auf seinen Sitz und stellte einen Fuß auf dem Rand des Cockpits ab. In diesem Moment legte Ben die Spitfire zur Seite, und Bob Hart sprang. Wie ein Greifvogel glitt er durch die Luft, vorbei an den Zuschauern, die nicht glauben konnten, was sie da sahen.

Sein Körper jagte genau auf den Fahnenmast zu. Bob spürte, wie ihn der Wind trug, und bekam die Stange mit beiden Händen zu fassen. Er fing seinen Schwung ab und zog sich an dem Mast empor, der sich gefährlich durchbog. Jubelnde Rufe hallten ihm entgegen. Doch nur einen Augenblick später wurden Schreie des Entsetzens laut, als die Menschen ohnmächtig mit ansehen mussten, wie die Stange unter der Belastung brach.

Manche wandten sich hilflos ab, als Bob in die Tiefe stürzte. Andere konnten den Blick nicht abwenden und sahen, wie der Pilot im freien Fall einen Griff betätigte und sich in Sekundenbruchteilen ein Fallschirm öffnete, an dem er sicher nach unten schwebte.

Ein Aufatmen ging durch die Menge. Die Gäste fragten sich, ob die gebrochene Stange vielleicht zur Show gehörte. Und wie um ihre Überlegungen zu bestätigen, kehrte die Spitfire in einem langen Bogen zurück und steuerte direkt auf Bob Hart zu.

Die Menschen sahen gebannt zu, wie das Flugzeug unter ihnen durch den Canyon jagte. Kurz bevor es unweigerlich den Fallschirm durchtrennen musste, zog Ben die Nase leicht empor. Das Heckrad grub sich in den widerstandsfähigen Nylonstoff und verhakte sich darin. Bob wurde durch den Schwung mitgerissen. Er brauchte ein paar Momente, um sich zu orientieren, dann zog er sich gekonnt an den Gurten hoch.

Atemlos verfolgten die Zuschauer, wie der Pilot in schwindelerregender Höhe den Fallschirm hochkletterte und sich nach unendlich erscheinenden Momenten über Haltegriffe auf das Höhenruder zog. Bob klinkte den Fallschirm aus, der in einer taumelnden Bewegung im Canyon verschwand, und richtete sich am Leitwerk auf.

Unter den ungläubigen Blicken der Anwesenden entrollte er ein langes Werbebanner, das in großen Lettern »Joe’s Grand Canyon Hotel awaits you« an den Himmel schrieb und die Gäste einlud, das Hotel zu besuchen. Begleitet von lautstarkem Jubel zog sich Bob Hart den Rumpf entlang, kletterte in das Cockpit zurück und schloss die Kuppel.

»Geschafft!«, stieß er aus. Er strich sich durch das verschwitzte blonde Haar und setzte seine Pilotenmütze auf.

»Ja«, bestätigte Ben mit ruhiger Stimme, nachdem er sich mit einem Blick nach vorne davon überzeugt hatte, dass sein Freund wohlbehalten war. »Es hat wieder einmal alles geklappt! Wir müssen jetzt nur noch eine halbe Stunde über dem Highway mit der Werbefahne herumkurven, und dann kommt das Schönste vom Programm!«

Bob lachte. »Du meinst das Einkassieren unseres Honorars?«

»Dein Scharfsinn ist verblüffend«, gab sein Freund zurück und überließ Bob wieder das Steuer. Sie genossen den Flug durch den Canyon, dessen Gesteinsschichten in vielfältigen Rottönen im warmen Nachmittagslicht schimmerten.

Wenige Minuten später hatten sie laut Karte den Highway erreicht, und so zog Bob die Maschine empor. Das lange Band der Straße erstreckte sich auf dem ockerfarbenen Boden unter ihnen.

Bob fielen die beiden Punkte in der Ferne auf, die den Highway mit einem Mal verließen und über den unebenen Boden hinwegrasten.

»He, Ben, sieh mal!«, machte er seinen Freund darauf aufmerksam. »Die beiden Wagen haben die Straße verlassen und fahren querfeldein.«

Ben kniff die Augen zusammen und lehnte sich in seinem Sitz vor. »Das sieht ja fast so aus, als ob … Das ist ein Rennen. Oder … eine Verfolgung!«, stieß er aus.

»Ich gehe tiefer!«, entschied Bob Hart und drückte das Steuerhorn leicht nach vorne. Während die Maschine den Abstand zu den beiden Fahrzeugen immer weiter verringerte, konnten die Piloten sehen, wie die Wagen dem Rand des Plateaus immer näher kamen.

»Ja, sind diese Rowdies denn noch zu retten?!«, entfuhr es Bob, während die Fahrzeuge gefährlich nahe an den Klippen vorbeifuhren. Schließlich jedoch dämmerte es ihm. »Du, Ben«, sagte er leise, »das ist kein Spaß von Halbstarken. Der vordere Wagen wird in die Schlucht gedrängt!«

In diesem Moment konnten sie sehen, wie das verfolgte Fahrzeug die Kontrolle verlor. Der Länge nach schleuderte es in einer Staubwolke über die Klippe und verlor sich in der Tiefe.

Ben keuchte. »Bei allen …! Schau, der zweite Wagen kratzt die Kurve! Lass uns runtergehen! Wir müssen uns die Nummer des Wagens aufschreiben.«

»Ja, aber noch besser wäre es, wir würden die Flucht der Kerle verhindern, damit der Sheriff sie ergreifen kann«, gab Bob zu bedenken. »Setz du dich mit dem Flugplatz in Verbindung, Ben! Von da aus können sie unsere Meldung weiterleiten.«

»Okay«, antwortete ihm sein Freund zögernd und betätigte dann das Bordmikrofon. Während er die Frequenz einstellte und die Meldung durchgab, klinkte Bob die Werbefahne aus, um den Flug der Maschine nicht zu behindern. In einem steilen Winkel zog er die Spitfire nach unten und verringerte so die Distanz zu dem erdfarbenen Chrysler binnen weniger Augenblicke.

Doch das Manöver blieb nicht unentdeckt. Der Beifahrer des Wagens kontrollierte die Sicht im Außenspiegel und nahm dabei den Umriss des Flugzeugs wahr, das rasch näher kam. Irritiert warf er einen Blick über die Schulter, ob er sich nicht getäuscht hatte, und unterdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen.

»Hey, Dan! Die Flieger meinen uns!«

»Teufel!«, gab der Fahrer zurück. »Die müssen alles mitangesehen haben!«

Der Schatten der Spitfire zog in geringer Höhe über den Wagen hinweg. Unwillkürlich duckten sich die beiden Fahrzeuginsassen. Fast glaubte der Fahrer, dass es das Heckrad streifen würde, so knapp setzte sich das Flugzeug vor sie.

»Ver… – die wollen uns stoppen!«, entfuhr es ihm. Er riss das Lenkrad herum und zog den Chrysler in voller Fahrt nach links. Jeff, sein Beifahrer, wurde gegen die Tür gedrückt.

»Vorsicht!«, rief er aus. »Wir kommen ins Schleudern!«

Dan ging nicht weiter darauf ein, sondern beschleunigte den Wagen. Die beiden Männer konnten das Flugzeug nun deutlich vor sich sehen, das in einer engen Kurve wieder auf sie zuhielt.

»Da! Sie fliegen wieder an. So erreichen wie die Straße nie!«, kombinierte Dan.

»Und wenn, dann schnappt man uns im Handumdrehen. Die haben bestimmt schon über Funk Meldung gemacht«, meinte Jeff. Dan verzog den Mund. Er steuerte den Wagen mit der linken Hand und zog mit der Rechten eine Thompson M1 unter dem Sitz hervor und reichte sie an Jeff weiter. Dieser nahm die Maschinenpistole entgegen und fühlte prompt ein Gefühl der Sicherheit in sich aufsteigen.

»Hier, gib ihnen Saures!«, wies Dan ihn an. »Wir sind noch weit genug von der Straße entfernt. Niemand wird etwas hören!«

Jeff nickte und grinste dabei. Er entsicherte die Thompson und kurbelte das Seitenfester herunter. Routiniert setzte er die Waffe an, während das Flugzeug immer näher kam.

Bob Hart hielt das Steuerhorn mit beiden Händen fest umklammert und drosselte die Geschwindigkeit der Spitfire, um noch etwas tiefer zu gehen. Bisher hatten sich die Flüchtenden von ihren Flugmanövern nicht aufhalten lassen. Er hatte allerdings nicht vor, dieses Katz-und-Maus-Spiel noch länger fortzusetzen.

Die Windschutzscheibe des Chryslers leuchtete im Sonnenlicht auf, und so nahm er die Lichtblitze im ersten Augenblick nicht wahr. Erst als er die dumpfen Einschläge im Rumpf hörte, die klangen wie von Hagelkörnern, dämmerte es ihm.

»He! Die schießen auf uns!«

»Himmel!«, entfuhr es Ben. »Das sind ja Gangster! Dreh ab, Bob! Dagegen haben wir keine Chance!«

Einen Augenblick lang haderte Bob Hart mit sich, aber er wusste, dass sein Freund recht hatte. »Leider«, presste er zwischen den Lippen hindurch. Er beschrieb eine weite Kurve mit der Spitfire und gewann an Höhe. Der wütende Einschlag der Kugeln verebbte. Mit zusammengekniffenen Augen sah er durch die Glaskuppel nach unten. Der Wagen beschleunigte nun ungehindert und entfernte sich rasch.

»Schade, dass wir damals die Maschinengewehre aus unserer Spitfire ausbauen lassen mussten. Jetzt hätten wir sie gut gebrauchen können.« Er atmete durch und lehnte sich in seinem Pilotensitz zurück. »Na, wenigstens haben wir unsere Pflicht getan. Die Nummer des Wagens hast du doch durchgegeben?«

»Ja«, bestätigte Ben, der dem Fahrzeug frustriert hinterhersah.

»Gut. Da aus unserem Werbeflug doch nichts mehr wird, sehen wir uns mal an, was aus dem Unglücklichen geworden ist, der über den Rand der Schlucht gedrängt wurde«, beschloss Bob. Ben gab einen Laut des Unmuts von sich.

»Da wird nicht viel zu sehen sein, Bob. Der Wagen ist ja über tausend Meter tief gestürzt und dann im Colorado versunken.« In diesem Moment hatte das Flugzeug bereits den Rand des Canyons erreicht. »Hier ist er über den Rand des Plateaus gerast«, stellte Ben fest. Für ihn war der Fall damit abgeschlossen.

Bob Hart drückte die Maschine leicht nach unten und flog in den Canyon ein. Er war nicht bereit, die Sache damit auf sich beruhen zu lassen. Konzentriert blickte er nach unten und stockte plötzlich.

»Bei allen …!«, stieß er aus. »Sieh dort, Ben!« Er deutete mit dem Zeigefinger auf ein kleines Plateau, das sich gut zehn Meter unterhalb des Klippenrands befand. Kaum erkennbar lag dort ein Mann auf dem Felsen. Ben keuchte.

»Der Mann muss aus dem Wagen geschleudert worden sein«, vermutete Bob, während er die Stelle umkreiste.

»Junge, Junge!«, schnaufte Ben. »Ob er noch lebt?«

»Das werden wir gleich feststellen!«, beschloss Bob Hart. »Ich lande oben auf dem Plateau.« Die Nase der Spitfire zog steil nach oben und stieg in den blauen Himmel empor. Nur Sekunden später hatten sie die Wände der gewaltigen Schlucht hinter sich gelassen. Bob zog an einem Hebel. Die in den Tragflächen versenkten Räder fuhren aus und rasteten hörbar ein.

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