Die großen, runden Augen des Echsenwesens blickten in die weite Ebene des Strafplaneten Moonhone. Die kleine Sonne war seit Kurzem hinter dem Horizont verschwunden.
»Es ist soweit«, zischte die eine Echse in einer Sprache, die der Wachrobot vor dem Käfig nicht verstehen konnte.
Die beiden Lebewesen, die bis zu diesem Zeitpunkt auf allen vier Gliedmaßen gekauert hatten, richteten sich zur vollen Größe auf. Im Dunkel des Käfigs sahen sie nun wie zwei menschliche Gestalten aus.
Der Wachrobot, der draußen vor den Käfigen seine Routinerunden drehte, bemerkte nichts von der Veränderung. Er sah auch nicht, wie die eine Echse aus einer Falte ihres schuppigen Körpers eine kleine Waffe hervorzog.
»Es besteht keine Gefahr, Klamacka«, flüsterte die zweite Echse.
Sorgfältig zielte Klamacka. Die Waffe blitzte kurz auf, und der Wachrobot schlug polternd zu Boden. Sekunden später waren die Stäbe des Gefängnisses durchgeschweißt. Die beiden Echsen stürzten hinaus und verbargen sich in einem nahen Gebüsch.
Während Klamacka die Waffe sorgfältig verstaute, ließ Wold’ehing seinen Parasinn alle Eindrücke der Umgebung aufnehmen.
In wenigen hundert Metern Entfernung lagen im Halbdunkel die Baracken, in denen die terranischen Strafgefangenen untergebracht waren. Der kleine Planet Moonhone war die Gefängniswelt des Planets of Sol. Die Verbrecher, die hier ihre Strafe abzubüßen hatten, lebten frei und über den ganzen Planeten verstreut. Die wenigen Wachorgane konzentrierten sich auf einen Stützpunkt mit einem Raumhafen, zu dem die Strafgefangenen keinen Zutritt hatten.
Da die Gefangenen nur Gerät für das tägliche Leben besaßen, jedoch keine Waffen oder Flugkörper, war eine Flucht nahezu unmöglich. Robotische Kontrollen, über den gesamten Planeten verteilt, sorgten für ein frühzeitiges Erkennen unerlaubter Maßnahmen.
Die POS-Regierung auf Terra bemühte sich aber auch, den Strafgefangenen das Leben abwechslungsreich zu gestalten. Schließlich war Moonhone nicht nur ein Strafplanet, sondern auch wichtiger Rohstofflieferant. Eine der terranischen Maßnahmen war die Tierschau, die jährlich einmal durch die Lager des Planeten zog. Klamacka und Wold’ehing hatten es verstanden, sich als wilde, extraterrestrische Bestien in diesen Zirkus einzuschleusen.
»Man hat nichts bemerkt. Ich spüre keine Gefahr.«
Klamacka wusste, dass er sich auf den Parasinn seines Freundes verlassen konnte. Wold’ehing vermochte Gefahren zu spüren, bevor diese für die normalen Sinne wahrnehmbar wurden.
»Wir müssen uns trotzdem beeilen«, erwiderte Klamacka. »Der Ausfall des Wachrobots wird bald festgestellt werden.«
Die beiden Echsenwesen aus dem Volk der Mulings hetzten in großen Sprüngen zu den Baracken, in denen die Gefangenen wohnten. Klamacka übernahm die Hauptarbeit, während Wold’ehing mit seinem Parasinn sicherte. Aus den Beobachtungen der letzten Tage wussten sie, wo ihr Ziel lag.
Als die Tür aufflog und die riesige Echse mit einer Waffe in der dreifingrigen Hand in den Raum sprang, schreckten die Gefangenen hoch. Sie waren zum Teil schon entkleidet.
»Alles bleibt stehen«, rief Klamacka laut und mit knarrender Stimme. Nun benutzte er die Sprache der Terraner.
Die Augen der Echse suchten die Männer ab. Zwölf Gefangene waren hier untergebracht. Die schuppige, grüne Hand der Echse deutete auf zwei der Männer.
»Ihr beiden. Schnell hinaus. Wir sind Freunde.«
Die beiden Betroffenen zögerten nicht lange. Sie warfen sich einen kurzen Blick zu, zogen sich ein paar Kleidungsstücke über und rannten hinaus.
Draußen empfing Wold’ehing die beiden Gefangenen.
»Ihr seid Duncan und Grocy?«
Ein stummes und erstauntes Nicken war die Antwort.
»Dann rasch hier fort. Wir brauchen keine Zeugen.«
Wold’ehing schob die beiden verblüfften Terraner vor sich her. Ein Blick zurück zeigte ihm, dass auch Klamacka folgte. Dieser hatte die Tür hinter sich zugeschlagen, bevor weitere Gefangene aus der Baracke treten konnten. Dann stellte er seine Waffe auf breite Fächerung und überstrich das Gebäude mit Flammenglut.
»Was macht ihr da?«, fuhr der eine Mann Wold’ehing an.
»Es darf niemand etwas von unserer Existenz wissen«, erwiderte die Echse kalt. »Wir sollen nur euch zwei herausholen.«
Ohne sich weiter um die beiden Männer zu kümmern, zog Wold’ehing ein kleines Gerät aus einer Körperfalte. Er klappte eine Antenne aus und drückte in rascher Folge mehrere Knöpfe an dem Kasten. Als unmittelbar darauf eine grüne Lampe an dem Gerät aufleuchtete, stieß Klamacka einen hörbaren Pfiff aus. Beruhigend wandte er sich an die beiden Männer.
»Wir werden gleich hier abgeholt. Dies war das Signal unseres Freundes Galsch. Er hat unseren Ruf gehört und bestätigt.«
Dann wandte sich die Echse noch einmal dem brennenden Gebäude zu. Als er bemerkte, dass mehreren Gefangenen die Flucht aus dem Flammenmeer gelang, tötete er diese rücksichtslos.
»Vergiss die Tierkäfige nicht«, rief Wold’ehing ihm zu. Die Echse nickte nur und lenkte dann das Feuer auf das genannte Ziel. Ein Teil der Tierkäfige ging in Flammen auf, darunter auch der, in dem zuvor Klamacka und Wold’ehing gewesen waren.
»Es darf keine Spuren geben, die darauf hinweisen, dass wir euch hier herausgeholt haben«, erklärte Wold’ehing. »Es steht zu viel auf dem Spiel.«
»Ich nehme an, ihr werdet das noch genauer erklären«, meinte Duncan, während er ungerührt das Schauspiel betrachtete, in dem seine ehemaligen Mitgefangenen ihr Ende fanden.
»Schluss mit der Rederei«, ermahnte Klamacka. »Galsch wird gleich hier auftauchen, und das dürfte einen Höllenlärm machen. Haltet euch die Ohren zu.«
»Dein Freund will doch nicht etwa hier in der Atmosphäre mit einem Raumschiff rematerialisieren?«, fragte Grocy erstaunt. Er wusste, dass die Rückkehr eines Raumschiffs in das Einstein-Kontinuum innerhalb von Atmosphären streng verboten war. Die dabei entstehende Druckwelle führte stets zu erheblichen Zerstörungen.
»Wir haben keine andere Wahl, Freunde«, erwiderte Klamacka. »Die Zeit drängt. Wir müssen stets mit dem Auftauchen der Robotkontrollen rechnen.«
Die zwei Männer und die beiden Mulings legten sich flach auf die Erde und pressten die Hände über die Ohren. Duncan registrierte dabei, dass auch die Echsen an ihren Schädeln empfindliche Hörorgane besitzen mussten. Die breiten, dreifingrigen Hände bedeckten die Schädelseiten.
Grocy und er hatten vor einigen Tagen die beiden Echsen in der Tierschau gesehen. Daher waren ihnen die Mulings nicht völlig fremd. Dass von den beiden eine Befreiungsaktion gestartet werden würde, hätten sie nicht im Traum geahnt und schon gar nicht, dass sie selbst das Ziel dieses Unternehmens sein würden. Andererseits hatten beide Männer stets damit gerechnet, dass man sie gewaltsam von Moonhone wegholen würde. Schließlich waren noch einige gute Verbündete in Freiheit.
Als das kleine Diskusschiff in wenigen hundert Metern über ihnen auftauchte, raste eine Druckwelle über das Gelände. Die brennenden Reste der Gefangenenbaracke und der Tierunterkünfte wurden durcheinandergewirbelt. Das Raumschiff sank rasch auf seinen Antigravpolstern herab.
Im Halbdunkel des späten Abends waren die Umrisse des Diskus gut zu erkennen, als das Schiff nur noch knappe fünfzig Meter über dem Boden schwebte. In diesem Augenblick stieß die Echse Wold’ehing einen spitzen Schrei aus. Mit ihrem Parasinn hatte sie eine Gefahr gespürt.
»Es kommt etwas auf uns zu. Vermutlich eine Robotkontrolle.«
Das leise Geräusch des sinkenden Flugkörpers wurde von lautem Zischen übertönt. Zwei Robotgleiter der Gefangenenkontrolle rasten heran. Lichtstarke Scheinwerfer erhellten die Umgebung.
Die Echse Galsch in dem Diskusschiff hatte die Robotgleiter ebenfalls entdeckt. Mit dem Bordgeschütz eröffnete sie das Feuer. Da das kleine Raumschiff aber gleichzeitig zur Landung ansetzte, lagen die Schüsse zu ungenau.
Kaum berührten die Landestützen den Boden, als Duncan, Grocy und die beiden Mulings auf das Schiff zustürzten. Die Robotgleiter hatten sich in gute Schussposition gesetzt und eröffneten ebenfalls das Feuer. Die Echse Wold’ehing lief direkt in eine Feuergarbe und verging.
Die beiden Terraner und Klamacka konnten das rettende Luk des Diskusschiffs erreichen und hechteten durch das geöffnete Außenschott. Dies wurde geschlossen, und der Diskus hob vom Boden ab. Die drei eilten in die Zentrale.
Das Raumschiff gewann schnell an Höhe, aber die beiden Robotgleiter folgten unerbittlich. Dabei konzentrierten sie ihr Feuer auf eine Stelle des Diskus.
Gerade als die drei Flüchtigen die Zentrale betraten, durchschlug ein kombinierter Feuerschlag die schützenden Hüllen des Raumschiffs. Die Ladung zerriss den vor den Kontrollen stehenden Galsch und schlug in die Wand dahinter ein. Blitze zuckten aus den Geräten, die dort untergebracht waren. Der Geruch von verbranntem Plastik erfüllte den Raum.
Der Diskus schwankte einmal kurz, setzte seinen Flug jedoch fort. Erleichtert registrierten die beiden Terraner, dass keine Teile des Antriebs getroffen worden waren.
Duncan eilte zum Kontrollpult. Der Diskus war ein Raumschiff aus der terranischen Produktion, und Duncan hatte keine Schwierigkeiten mit der Bedienung. Die Kontrollleuchten zeigten ebenfalls an, dass keine für den Weiterflug wichtigen Teile ausgefallen waren. Vor allem zeigten die Lichter für den überlichtschnellen Zerodim-Flug nur Grünwerte. Die weitere Flucht würde gelingen, wenn die Robotgleiter abgehängt wären.
Mit zunehmender Entfernung von der Planetenoberfläche wurde die Überlegenheit des Diskusschiffs gegenüber den Robotgleitern deutlich. Die Distanz vergrößerte sich schnell.
Während Duncan den Zerodim-Flug vorprogrammierte, der sie zunächst weit von Moonhone wegbringen sollte, kümmerte sich Grocy um die entstandenen Schäden. Klamacka entfernte kommentarlos den Leichnam Galschs.
»Soweit ich feststellen kann«, sagte Grocy, »ist nur die Funkanlage beschädigt worden. Sowohl der Normalfunk als auch das Dimkom. Mit einer Reparatur ist jedoch nichts zu machen.«
»Das ist sehr schlecht«, entgegnete Klamacka mit knarrender Stimme. »Wir wissen nicht, wo sich die Basis befindet, in der sich meine und eure Brüder aufhalten. Nur über einen Dimkom-Kontakt können wir sie finden.«
Duncan pfiff durch die Zähne.
»Dachte ich mir doch gleich, dass Reiz und Holy hinter der Befreiung stehen.«
Auch Grocy schien nun zufrieden.
»Das mit dem Dimkom ist kein Problem, Echsenmann. Wir werden schon irgendwo ein solches Funkgerät auftreiben, mit dem wir aus dem Normalraum rausfunken.«
Im Unterschied zu einem Normalfunkgerät, das nur lichtschnell arbeitet, konnte ein Dimkom seine Energie in ein höheres Kontinuum abstrahlen und dadurch zeitverzugslos mehrere tausend Lichtjahre überbrücken.
Das Raumschiff hatte die Atmosphäre von Moonhone verlassen.
»Fertig zum Zerodim-Flug«, meldete Duncan. »Ich habe ein kleines und unbedeutendes Sonnensystem angepeilt. Es gibt dort eine terranische Kolonie. Dort besorgen wir uns ein Dimkom.«
Grocy ging hinüber zu Duncan, um ihn bei der Durchführung des überlichtschnellen Zerodim-Flugs zu unterstützen.
»Denkt immer daran, dass wir keine Zeugen brauchen«, ermahnte Klamacka die beiden entflohenen Strafgefangenen.
»Schon gut«, meinte Duncan leichthin und drückte eine große rote Taste.
In dem Raumschiff liefen weitere Energieaggregate an, die die Zerodim-Transformer aufluden. Von dem SIGIT-Bordrechner wurde in einem genau berechneten Zeitpunkt diese Energie freigegeben. Die Transformer im Zentrum des Raumschiffs bauten das Zerodim-Feld auf, in dessen Innenraum alle Masse schlagartig zu einem nulldimensionalen Etwas wurde. Auf den Bildschirmen und Sichtfenstern schien das All explosionsartig zu expandieren; unmittelbar darauf stürzte es wieder zusammen.
Die Konstellation der Sterne hatte sich verändert.
In wenigen tausend Kilometern Entfernung leuchtete die Sonne Bal.
»Geschafft«, meinte Duncan trocken. Es war nun zum ersten Mal Zeit, sich und Grocy in Ruhe zu betrachten. Die Anstrengungen der letzten Stunde standen in den Gesichtern der Männer.
»Besonders edel sehen wir gerade nicht aus«, sagte Grocy und strich sich die heruntergekommene Arbeitskleidung glatt.
»Rasieren musst du dich auch wieder mal«, sagte Duncan und grinste.
»Erst besorgen wir das Dimkom, klar?«
Klamacka stand im Hintergrund und schwieg.
2.
Bericht Carola Delgado
Die unverständlichen und sonderbaren Ereignisse, die die Ursache für meine Verzweiflung und meinen jetzigen Zustand sind, begannen an einem ganz gewöhnlichen Morgen. Mein Mann Dan war mit der Mehrzweckraupe und den Sensoren und Werkzeugen an Bord in Richtung der Red Mountains aufgebrochen. Die Red Mountains hatten ihren Namen von den ersten Kolonisten unseres Planeten Baidom erhalten. Ob der Name von dem rötlichen Gestein herrührte, das dort zu finden war, oder von dem intensiven Leuchten des Höhenrückens im Abendrot, das vermochte keiner mehr zu sagen. Für mich steht der Name symbolisch für die Röte des Blutes in Erinnerung an die Ereignisse, die sich dort abspielten.
Baidoms Bedeutung lag darin, dass hier Intprocrys gefunden wurden. Wie jeder weiß, handelt es sich dabei um jene organischen Kristalle, die Grundbestandteil eines jeden Superdigitalrechners sind. Ohne diese Rechner, die SIGITs, könnten die Planets of Sol nicht in ihrer jetzigen Form und Ausdehnung bestehen.
Wir verdienten unseren Lebensunterhalt auch durch die Intprocrys. Dan war als Prospektor unterwegs, um neue Rohstoffe zu finden, die dann in der Look Forward-Station bei Dr. Golo-Golo zu in SIGITs verwendbaren Speicherkristallen weiterverarbeitet wurden. Die Stadt Center-City mit der Forschungsstation bildete die gesamte Kolonie auf Baidom, abgesehen von ein paar einsiedlerisch gelegenen Wohnstätten wie unser Haus.
Mein Sohn Thor, er war damals gerade acht Jahre alt, schimpfte laut vor sich hin, weil sein Spielzeugrobot wieder einmal kaputt war. Dadurch hörte ich den vor unserem Bungalow landenden Diskus erst sehr spät.
Ich trat aus dem Haus und sah zwei wenig vertrauenerweckende Gestalten, die dem Diskusschiff entstiegen waren. Die beiden Männer, etwa vierzig Jahre alt, waren schlank und ungepflegt. Das Haar hing ihnen strähnig ins Gesicht. Ihre Kleidung war die von einfachen Arbeitern. Sie bewegten sich jedoch zielstrebig und selbstsicher. Jeder von ihnen trug eine Waffe in der Hand, ich ahnte nichts Gutes.
Der vordere der beiden Männer entblößte sein Gebiss zu einem Grinsen und stemmte beide Arme provozierend in die Hüften. Seine Stimme klang rau.
»Hallo Madam! Wer ist außer Ihnen noch hier?«
»Hallo«, antwortete ich zaghafter, als ich eigentlich wollte. Dann brachte ich kein Wort mehr heraus. Ich habe mich noch nie in schwierigen oder kritischen Situationen geschickt verhalten können.
Thor war in dieser Beziehung ganz anders. Unbekümmert plapperte er los: »Ich bin noch hier. Das sehen Sie doch. Ich passe auf Ma auf.«
Das Grinsen des Mannes verstärkte sich.
»Los, Duncan, wir wollen den Laden hier inspizieren.«
Ohne mich weiter zu beachten, gingen die beiden auf das Haus zu und betraten es. Meinen Heh-Ruf ignorierten sie ebenso wie Thors lautstarken Einspruch: »Das ist mein Haus, raus da!«
Thors Spielzeugrobot lag noch im Hauseingang. Er bekam von dem Mann, der Duncan genannt worden war, einen Tritt und flog scheppernd zur Seite. Der Junge lief hinter den Männern her und versuchte, den einen am Bein festzuhalten. Dieser schüttelte ihn heftig ab. Thor stürzte zu Boden. Ohne klaren Gedanken stürmte ich hinter den beiden Männern her. Dabei riss ich Thor vom Boden hoch und drückte ihn an mich.
»Was wollen Sie denn bloß?«, würgte ich hervor.
Dieser Duncan spielte mit seiner Waffe vor meinem Gesicht herum. Seine Augen funkelten kalt und rücksichtslos. Mir raubte er damit den letzten Rest an Sicherheit.
»Passen Sie gut auf, Madam«, fuhr er mich an. »Halten Sie die Klappe, und setzen Sie sich irgendwo hin, wo Sie uns nicht stören!«
Er wandte sich an seinen Kumpan.
»Sieh dich um, Grocy.«
Ich versuchte verzweifelt, Ordnung in meine verwirrten Gedanken zu bringen. Ganz sicher handelte es sich bei den beiden um Gewaltverbrecher. Weiter kam ich in meinen Überlegungen nicht, ich war der Situation einfach nicht gewachsen. Hinzu kam die Sorge um Thor. Ich fürchtete, diese Kerle könnten dem Jungen etwas antun.
Dieser Grocy kam inzwischen aus dem Haus zurück und bemerkte enttäuscht: »Hier ist nur ein Normalfunkgerät, aber kein Dimkom.«
»Haben Sie hier ein Fernfunkgerät, ein Dimkom?«, wandte sich Duncan an mich.
Ich schüttelte nur den Kopf und wünschte ihn an das Ende aller Universen. Da machte sich Thor wieder bemerkbar.
»Sie haben hier weder etwas zu fragen noch etwas zu suchen. Scheren Sie sich zum Teufel, Sie altes Ekel.«
Es tat mir weh, von dem Jungen solche Worte zu hören, auch wenn er irgendwie recht hatte.
»Ich werde dir helfen, Freundchen«, fauchte Duncan Thor an. »Von mir aus fahr zur Hölle.«
Er richtete seine Waffe auf Thor, mir stockte der Atem. Dann grinste der Fremde mich frech an.
»Mit der Spielerei ist Schluss. Wenn Sie nicht sofort sagen, wo sich das nächste Dimkom befindet, ist die Rotznase gewesen.«
Meine Gedanken überschlugen sich. Worte brachte ich keine hervor. In Center-City gab es mehrere Dimkom-Stationen, insbesondere in Look Forward und auf dem kleinen Raumflughafen. Auch in Dans Gleiter befand sich ein Dimkom. Offenbar hatten die Gangster es auf ein solches Gerät abgesehen. Unklar war mir jedoch, aus welchem Grund sie gerade ein Dimkom haben wollten.
Wieder war Thor mit einer Antwort schneller als ich.
»Das nächste Dimkom dürfte doch in Ihrem Diskusschiff sein. Nehmen Sie das, und verschwinden Sie endlich.«
Duncan versuchte es nun mit einer netten Methode bei Thor. Er lächelte ihm zu und sagte: »Du bist ja ein richtiger Schlauberger. Aber der Sender in unserem Schiff ist defekt. Nun sage mir mal, wo hier in der Nähe einer ist.«
Thor tippte sich an die Stirn und wandte sich ab.
»Pah, nichts werde ich sagen«, rief er zornig. »Erstens, weil Sie sich hier so aufführen, zweitens haben Sie meinen Robby getreten, drittens haben Sie Ma …«
Weiter kam er nicht. Duncan war blitzschnell herbeigesprungen und versetzte Thor einen Schlag gegen den Kopf, sodass der Junge schreiend zu Boden stürzte. Ich wollte mich schützend über ihn werfen, als ich von dem Mann einen Tritt in die Seite bekam und ebenfalls auf dem Boden landete. Aus dem Liegen konnte ich beobachten, wie Duncan seine Waffe erneut auf Thor richtete. Die Angst, die ich in den letzten Minuten gespürt hatte, steigerte sich so sehr, dass mir die Sinne zu schwinden drohten.
»Hören Sie gut zu, Madam«, schrie mich Duncan an. »Wir haben nichts zu verlieren. Sie und die Rotznase interessieren uns nicht. Ich will jetzt wissen, wo das nächste Dimkom ist. Wenn Sie nicht sofort den Mund aufmachen, geht das Ding los.«
Mir schauderte vor der brutalen Drohung.
»In Center-City gibt es mehrere Dimkom-Stationen«, presste ich in meiner panischen Erregung hervor. »Es sind etwa dreißig Kilometer von hier. Das ist die nächste Möglichkeit für Sie.« Dabei deutete ich mit der Hand in die Richtung, in der die Stadt lag.
»Diese Frau lügt.«
Die scheußliche, knarrende Stimme kam aus dem offenen Schott des Raumschiffs. Dort war eine Figur erschienen, die einem Albtraum zu entstammen schien. Eine aufrecht stehende Echse, grünschuppig und mit einem kurzen Stummelschwanz. In dem massigen Schädel saßen zwei kreisrunde Augen, die mich zu durchbohren schienen. Die Echse trug einige Fetzen am Körper, die entfernt an Kleidungsstücke erinnerten. Daraus und aus dem Gesagten schloss ich, dass es sich um ein intelligentes Lebewesen handeln musste. Aus Nachrichtensendungen wusste ich, dass die Terraner schon mehrmals intelligenten Bewohnern auf anderen Planeten begegnet waren. Ein Wesen wie diese Echse hatte ich aber noch in keinem Magazin gesehen.
»Klamacka, mein Freund«, sagte Grocy. »Gut, dass wir dich haben.«
Der Mann blickte mich an.
»Unser Freund Klamacka besitzt eine hübsche Fähigkeit. Er ist so etwas wie ein organischer Lügendetektor und gehört zu einer Rasse, die einige Dinge beherrscht, die bei uns nur in Träumen vorkommen. Sein Psi-Sinn sagt ihm ganz genau, wann jemand die Wahrheit spricht und wann nicht. Lügen hat also keinen Sinn. Nun, wo ist das nächste Dimkom?«
Ich schwieg und beobachtete mit Schaudern, wie die Echse langsam heranstapfte. Thor ließ ein lang gezogenes »Iiih« hören. Er sprang auf, nahm seinen Spielzeugrobot und schleuderte ihn nach der Echse. Das schuppige Wesen wurde am Kopf getroffen. Dann schnappte es sich Thor mit einer Hand und hielt den zappelnden Jungen hoch. Ich versuchte, dem Ungeheuer den Jungen zu entreißen, aber die Echse schlug mir mit der freien Hand ins Gesicht. Erneut stürzte ich zu Boden.
Ich wischte mir die Tränen von den Wangen. Meine Lippen bluteten.
Duncan hielt mir die Waffe vor das Gesicht. Seine Augen funkelten tückisch. Ich fühlte, dass ihm ein Menschenleben nichts bedeutete. Gleichzeitig spürte ich meine eigene Resignation. Ich gab den letzten Widerstand auf.
»Im Fahrzeug meines Mannes ist ein Dimkom. Es sind nur wenige Kilometer von hier bis zu den Red Mountains, wo sich mein Mann jetzt aufhält«, murmelte ich verzweifelt.
»Ist er allein dort?«, fragte mich Duncan.
Ich nickte.
Die Echse bemerkte dazu: »Sie sagt die Wahrheit.«
Grocy und Duncan berieten sich leise, sodass ich kaum etwas verstehen konnte. Ich lief zu Thor, der immer noch in der Hand der Echse zappelte. Als ich ihn erreichte, ließ die Echse ihn los. Bevor ich den Jungen richtig in meine Arme schließen konnte, wurden wir von den Männern gepackt und in das Diskusschiff gezerrt. Man forderte mich auf, den Weg zu Dan zu beschreiben. Grocy startete das Schiff, Duncan stand mit erhobener Faust neben mir. Ich gab die Richtungsanweisung, so gut ich konnte.
Thor hielt ich fest an mich gepresst. In mir kochte es vor Erregung, Verzweiflung und Angst. Wohin würde uns diese Geschichte noch führen? Ich wollte eine brauchbare Idee finden, um Dan zu warnen oder etwas anderes zu tun, um uns zu helfen. Aber meine Gedanken waren unter dem Schock der Ereignisse völlig blockiert.
Da ich Dan gelegentlich bei seinen Arbeiten begleitet hatte, kannte ich den Platz, wo er den Gleiter abzustellen pflegte. Von dort ging er mit einer kleinen Antigrav-Plattform auf nähere Erkundung. Der Abstellplatz lag fast auf halber Höhe in den Bergen.
Wir erreichten ihn nach wenigen Minuten Flugzeit. Ich erblickte nicht nur Dans Gleiter, sondern auch die Antigrav-Plattform. Folglich musste mein Mann auch in der Nähe sein. Entdecken konnte ich ihn jedoch nicht, was meine Unsicherheit noch steigerte. Duncan fixierte mich so genau, dass ich glaubte, er könne meine Gedanken erraten. Irgendwie wollte ich Dan warnen.
Meine innere Anspannung schien unaufhaltsam einem Höhepunkt entgegenzustreben, als Thor und ich mit Duncan und Grocy das Schiff verlassen mussten. Ich versuchte mir auszumalen, was auf diesem vermeintlichen Höhepunkt geschehen würde, aber erneut legte sich ein blockierender Schleier über meine Gedanken.
Die Echse Klamacka und zwei Kampfrobots schlossen sich uns an, als wir auf Dans Gleiter zuschritten.
Das Fahrzeug lag verschlossen und ruhig da. In dem gleichen Augenblick, als ich die Energieaggregate des Gleiters hören konnte und daraus folgerte, dass Dan in dem Gleiter war, erklang seine Stimme über den Außenlautsprecher. »Halt! Sofort meine Frau und den Jungen unbehelligt weitergehen lassen. Carola, Thor, steigt auf der anderen Seite zu mir herein!«
Duncan stieß einen üblen Fluch aus und riss seine Waffe hoch. Die Zornesadern in seinem Gesicht schwollen an.
Mit einer Wendigkeit, die ich der plump wirkenden Echse nie zugetraut hätte, sprang Klamacka hinter mich, umklammerte mich mit seiner grünen Hand und presste mir eine Waffe in den Rücken. Ich fühlte den kalten Atem in meinem Nacken und war einer Ohnmacht nahe.
Grocy rief den beiden Robots etwas zu, worauf deren Waffenarme emporflogen. Gleichzeitig rannte der Mann in das Diskusschiff zurück. Dabei rief er: »Ballert nicht blind los. Wir brauchen das Dimkom unbeschädigt.«
Duncan winkte seinem verschwindenden Kumpan mit einer Geste des Einverständnisses zu und wandte sich dann laut an den unsichtbaren Dan.
»Heh, Mister! Kommen Sie sofort da raus. Sonst gibt es hier Ärger, der für Ihre Frau verdammt schlecht ausgehen dürfte. Wir brauchen nur Ihr Dimkom, dann verschwinden wir wieder. Machen Sie aber schnell, denn unsere Geduld ist am Ende.«
Ich weiß nicht genau, was damals in Dan vorging. Ich habe es auch nie erfahren. Jedenfalls ließ er sich nicht beirren und antwortete: »Duncan Tolles und Grocy Bandike, ich fordere Sie auf, Ihre Waffen fallen zu lassen und sich zu ergeben. Sie haben keine Chance. Ich weiß, dass Sie entflohene Strafgefangene von Moonhone sind. Die Polizeikräfte von Baidom sind von mir benachrichtigt und werden gleich hier erscheinen.«
Die Banditen gaben nicht nach. Ich beobachtete Duncan. Seine Blicke flogen unstet hin und her, das Flackern in seinen Augen bereitete mir Angst. Die Echse hielt mich unvermindert fest.
Dan hatte vermutlich eine Nachricht über die entflohenen Gangster aufgenommen oder sogar das Diskusschiff so frühzeitig bemerkt, dass er gewarnt war. Auf jeden Fall hatte er unser Kommen bemerkt und sich darauf eingestellt. Die beiden Gangster hatte er jedoch völlig falsch eingeschätzt. Duncan und Grocy befanden sich in einer panischen Stimmung, sodass von einer kontrollierten Handlungsweise keine Rede mehr sein konnte. Dans Auftreten und seine Drohung hatten sicher noch dazu beigetragen. Die beiden Männer und die Echse sahen sich in die Enge getrieben und reagierten dementsprechend.
Als Dan die Tür seines Gleiters öffnete, trug er seine Waffe im Gurt.
»Ihre Lage ist hoffnungslos«, rief er laut. »Geben Sie endlich auf.«
Im gleichen Moment eröffnete Grocy mit der Bordkanone seines Diskusschiffs das Feuer. Eine Garbe schlug unmittelbar vor Dan in den Boden.
»Wir können keine Zeugen brauchen!«, kreischte die Echse.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Klamacka mit seiner Waffe ausholte, um sie mir auf den Kopf zu schlagen. Thor hatte das irgendwie bemerkt. Er trat mit Wucht gegen das Bein der Echse. Dadurch streifte mich der Schlag nur, und ich ging benommen zu Boden.
Im Liegen verfolgte ich hilflos und halb gelähmt die weiteren furchtbaren Ereignisse.
Duncan stieß einen Schrei aus und schoss auf Dan. Er verfehlte ihn knapp. Klamacka hatte sich rasch von Thors Tritt wieder gefangen und feuerte ebenfalls auf meinen Mann. Der hatte inzwischen seine Waffe gezogen und schoss zurück. Da schlug die erste Salve der Robots in Dans Gleiter ein. Mein Mann wurde in beide Beine getroffen und brach zusammen. Er lag halb in der Tür seines Fahrzeugs und fand noch die Kraft, mit einem Knopfdruck die Automatik zu aktivieren. In Dans Gleiter war eine leistungsfähige SIGIT-Anlage, die er mit einer Strahlwaffe koppeln konnte. Diese Waffe spie nun ihr Feuer auf die Robots und das Diskusschiff.
Thor und ich lagen hilflos zwischen den fauchenden Waffen. Meine Angst war unbeschreiblich.
»Mach alle fertig, Klamacka!«, schrie Duncan durch den Kampflärm. »Die Frau lass als Geisel.«
Ich sah, wie die Robots in Flammen vergingen und das Diskusschiff schwer getroffen wurde. Doch die Waffe des Schiffes feuerte weiter.
Schreiend warf ich meinen Kopf zu Boden, als Dans Gleiter und mit ihm mein Mann in einer Explosion vergingen. Ich war überwältigt von einem völligen Gefühl der Verzweiflung.
Thors Ruf weckte meine Sinne noch einmal.
Ich sah den Jungen wegrennen und hörte Duncan schreien: »Klamacka, mach die Rotznase fertig. Ich hole Grocy aus dem Diskus. Dann hauen wir mit der Plattform ab. Die Frau nehmen wir als Geisel mit.«
Klamacka nickte und legte seine Waffe auf den rennenden Jungen an. Auch Grocy, der in dem schwer getroffenen Diskusschiff noch die Kanone bediente, wollte den Jungen erledigen. Das kurze Rohr der Waffe schwenkte zur Seite und richtete sich auf Thor.
Ich konnte nichts, aber auch gar nichts tun, um meinen Jungen zu retten. Ich konnte nicht einmal schreien. Als Thor stolperte und zu Boden stürzte, zielte die Echse ruhig und gelassen. Es war alles aus. Mein Mann war tot, und nun würde auch Thor diesem Schicksal nicht entgehen.
Wie aus weiter Ferne hörte ich einen Schrei. Ich weiß nicht, wer schrie, wahrscheinlich war ich selbst es.
Dann geschah es.
Fast gleichzeitig schossen die Flammen aus der Bordkanone des Diskusschiffs und aus Klamackas Waffe. Mir schien es wie eine Zeitlupenaufnahme, als die Energien auf mein wehrloses Kind zurasten. Grelle Flammen, heller als das Licht der Sonne Bal am Horizont.
Etwas Unbegreifliches geschah.
Der Himmel verdunkelte sich schlagartig, und völlige Ruhe trat ein. Zuerst glaubte ich an eine wohltuende Bewusstlosigkeit, aber es war etwas anderes.
Die Energien der Waffen erreichten Thor nicht.
Vor dem Jungen wallte etwas Schwarzes auf, ein unwirkliches Nichts. Dieses Nichts schluckte die Strahlen der Waffen. Dann formte es sich in eine Gestalt mit menschlichen Umrissen. Gebannt hielt ich den Atem an.
Vor Thor stand diese unerklärliche Figur, etwa zwei Meter groß und völlig schwarz. Die Konturen der Erscheinung wirkten leicht verschwommen, und die Schwärze war so total, dass ich in eine endlose Tiefe zu blicken glaubte. Das Schwarz war keine Farbe, sondern eher eine völlige Lichtlosigkeit. Ich hatte etwas Ähnliches noch nie gesehen und konnte mir den Vorgang auch nicht erklären.
Benommen und überwältigt von dem plötzlichen Ereignis, richtete ich mich auf. Die Gestalt stand dort, unbeweglich und starr. Sie verdeckte Thor.
Die Waffe des Diskusschiffs spie erneut ihr Feuer aus. Breite, glühende Bahnen rasten auf dieses schwarze Nichts zu und verschwanden in ihm. Eine Wirkung war nicht festzustellen.
»Was ist das?«, schrie Duncan panisch auf.
Da ertönte eine tiefe, sonore Stimme aus diesem lichtlosen Gebilde. Ein Hagel von Schimpfwörtern prasselte los.
»Idioten, Dummköpfe, Nichtsnutze, Narren …«
Duncan und die Echse erstarrten für einen Moment. Auch Grocy stellte das Feuer ein. Sie konnten sich nicht erklären, was da vorging. Und ich konnte es auch nicht.
Die beiden Gangster und die Echse eröffneten erneut das Feuer.
Ich stand zwischen den Fronten. Da zuckten aus dem schwarzen Nichts zwei Arme hervor. Der eine umfasste mich sanft. Ich wurde emporgehoben und fand mich im selben Moment bei Thor wieder.
Unmittelbar vor mir stand nun diese fremdartige Erscheinung. Sie sah von hinten genauso unwirklich aus wie von vorn.
Der zweite Arm des Wesens schoss wie eine gigantische Peitsche durch die Luft und zerschmetterte das Diskusschiff.
Dazu ertönte ein höhnisches, boshaftes Gelächter.
»Lebt wohl in anderen Dimensionen, ihr Missgeburten einer verkommenen Technik, ha!«
Ich erlebte das alles wie in einem Traum. Thor hielt ich fest an mich gepresst. Der Junge verfolgte die Geschehnisse mit weit aufgerissenem Mund. Was an den geschilderten Vorgängen Realität und was Fantasie war, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich habe niedergeschrieben, was mir die Erinnerung sagte. Sicher ist manches davon durch die entsetzlichen Umstände beeinflusst und daher nicht ganz objektiv.
Duncan und die Echse bemerkten rasch, dass sie gegen dieses unheimliche Wesen, das sich auf unsere Seite gestellt hatte, nichts ausrichten konnten. Sie wandten sich zur Flucht. Wild feuernd rannten sie auf Dans Antigrav-Plattform zu.
»Tölpel, Mörder, Gesindel!«, brüllte das schwarze Wesen mit tiefer, männlicher Stimme und schlug erneut zu. Bevor die beiden die Plattform erreichten, zuckte der Arm des Wesens heran und wischte durch sie hindurch. Übergangslos waren Duncan und Klamacka verschwunden.
Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und weinte. Vor meinen Augen wurde es schwarz. Es war diese Erscheinung, die ganz nah herangetreten war und mich fragte: »Wieso jammerst du, wenn du es selbst nicht willst?«
Die Frage war widersinnig in der augenblicklichen Situation, aber was sollte ich tun?
»Es ist alles so schrecklich«, schluchzte ich. »Diese Kerle, mein Mann ist tot und …«
»Deinen Mann kann ich dir nicht wiedergeben«, wurde ich von dem Unheimlichen unterbrochen. »Du hast es mir doch selbst verboten. Ich kann doch nichts für deine paradoxe Angst vor einem netten Paradoxon.«
Ich fand die Worte ebenfalls widersinnig und verstand ihren Sinn nicht. In meiner Niedergeschlagenheit war mir auch egal, was dieses Wesen erzählte. Wichtig war nur, dass Thor noch lebte.
Thor blickte unbefangen an der Gestalt hoch. Er suchte ein Gesicht, fand aber keines. Auch der Kopf des Wesens war völlig licht- und konturenlos.
»Was sind Sie denn für eine tolle Type?«, fragte mein Junge frech.
Das Wesen lachte dunkel mit seiner tiefen Stimme.
»Du wirst es noch erfahren. Jemand hat mich Parafutus genannt.«
Die bis dahin völlig schwarze Gestalt schien sich zu erhellen. Aber es war nicht dieses Wesen, das sich Parafutus genannt hatte, das konkrete Formen annahm. Die Täuschung bemerkte ich sogleich, denn es war die Umgebung des Hintergrunds, die plötzlich durch das Schwarz hindurchschimmerte. Dann verschmolz die Figur völlig mit dem Licht der Landschaft und verschwand damit.
Wenig später trafen die von Dan angekündigten Männer ein. Dr. Golo-Golo von Look Forward war dabei.
Man stellte keine Fragen. Die zerstörten Fahrzeuge und die Toten sagten anscheinend genug.